Wandern!
Im Januar 2022 jährte sich Franz Schuberts Geburtstag zum 225. Mal. Seine Kompositionen und deren Nachwirkungen auf nachfolgende Komponisten stehen im Mittelpunkt des dreitägigen Festivals. Der 2. Magdeburger Liedersalon widmet sich den großen Liederzyklen „Die schöne Müllerin“ und „Winterreise“.

Im Eröffnungskonzert des 2. Magdeburger Liedersalons erklingt u.a. „Der Hirt auf dem Felsen“ für Singstimme, Klarinette und Klavier von Franz Schubert. Auftraggeberin war die Sängerin Anna Milder, die sich eine „idyllische Szene“ wünschte. Dank ihrer vierjährigen Beharrlichkeit komponierte Franz Schubert kurz vor seinem Tod ein gänzlich untypisches Werk. Das Programm wird um weitere Stücke für diese Besetzung ergänzt. ergänzt. Es musizieren die Sopranistin Grit Wagner, Georg Dengel (Klarinette) und Thorsten Fabrizi (Klavier).

Schubert fand die Texte zu den Liederzyklen „Die schöne Müllerin“ und die „Winterreise“ in der Gedichtsammlung „Aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten“  des Dessauer Poeten Wilhelm Müller. Müller gelangen kunstvolle Gedichte, die erfolgreich nach Schlichtheit, Sangbarkeit und Natürlichkeit strebten. Hinter dem Bild des  wandernden Waldhornisten liegen wesentliche Motive der Romantik: das Horn – Instrument der Sehnsucht; der heimatlose, wandernde Musiker; die Weltschmerzgebärde und Todessehnsucht.
Die Romanik suchte, in Zeiten elementaren Umbruchs innerhalb der frühkapitalistischen Gesellschaft, den Riss zwischen „dem Einzelnen“ und „der Welt“ zusammenzuhalten. Die staatliche Zersplitterung Deutschlands und die bedrückenden Lebensumstände durch die Restauration nach den Napoleonischen Befreiungskriegen verstärkten die Gefühle von Fremdheit und Unfreiheit.
Ist „Wandern“ also ein Synonym für Distanzierung? Oder ist Wandern eine Annäherung an das Wesentliche? Beide Aspekte implizieren einen sichtbaren Weg und eine innere Entwicklung.

„Die schöne Müllerin“ vertonte Schubert im Jahr 1823. Das Sujet verweist auf die vormals beliebten Schäferspiele: ein Müllerbursche verliebt sich in die Müllerstochter. Doch wird uns keine romant-ische Idylle vorgegaukelt. Die anfängliche Aufbruchstimmung, dann Euphorie des Müllerburschen münden in enttäuschter Hoffnung und führen letztendlich in den Tod. Das Besondere an der Komposition ist die vielfältige Darstellung des Baches je nach Gemütslage des lyrischen Ichs. Der Müllerbursche offenbart sein Seelendrama dem Bach – dem einzigen Vertrauten. Benjamin Glaubitz singt unter Begleitung von Prof. Michael Schütze.

  Die „Winterreise“ ist im Ganzen ein Mysterium. Die Metapher vom Winter beschreibt einen persönlichen und gesellschaftlichen Zustand. Ohne eigentliche Handlung, wird der Hörer über die Fakten des Aufbruchs im Unklaren gelassen. Die Unbestimmtheit der Handlung lässt individuelle Projektionen zu. Existenzielle Angst und Absurdität unseres Daseins sind die ständigen Begleiter des Reisenden. Jeder ist auf seiner eigenen Winterreise mit seinen ureigenen Ängsten konfrontiert. Lieder der „Winterreise“ sind an diesem Wochenende gleich zweimal zu hören. Der Bariton Johannes G. Schmidt nähert sich dem Liederzyklus auf klassische Weise. Er wird von Annegret Staemmle am Klavier begleitet. Der Schauspieler Jens-Uwe Bogadtke findet einen ganz anderen Zugang zum Lied und zum Komponisten Schubert. Mit seiner Interpretation nähern wir uns möglicherweise der ersten Aufführung im Freundeskreis durch den sängerisch nicht ausgebildeten Schubert an.

Das Lied „Der Lindenbaum“ ist, nicht zuletzt durch Volkliedfassung von Friedrich Silcher, eines der bekanntesten Schubert‘schen Lieder. Es ist das fünfte Lied aus dem Zyklus „Winterreise“ nach Gedichten von Wilhelm Müller. Dieses Lied wird der Angelpunkt unseres ersten Kinderprogramms FÜR JUNGE HÖRER im Gesellschaftshaus sein. Die Pädagogin Christine Modersohn wird Kindern zwischen 7 und 12 Jahren, mit Unterstützung von Sänger Adam Fenger und sein Begleiter Alexander Koryakin das Lied vom „Lindenbaum“ erfahrbar machen und in die Welt Schuberts und des klassischen Liedes einführen.

Eine nicht erwiderte, unglückliche Liebe boten Gustav Mahlers den Anlass, sechs volksliedhafte Gedichte zu verfassen. Vier davon vertonte er in seinem ersten Liederzyklus 1884/85 unter dem Titel „Lieder eines fahrenden Gesellen“ mit Klavierbegleitung. 10 Jahre später instrumentierte er den Zyklus für Orchester. Reichlich 60 Jahre liegen zwischen Mahlers und Schuberts Liederzyklen, deren Sachverhalte sich ähneln. Die seelische Zerrissenheit des Wandernden offenbart sich bei Mahler in weitgefächerten Klangnuancen von Stimme und Klavier. Dramatischen Ausbrüche wechseln mit naiv-schlichter Melodie und charakterisieren einerseits die unerträgliche Wirklichkeit und andererseits die Zuflucht in einer Traumwelt. Die Mezzosopranistin Ewa Zeuner wird begleitet von  Christine Hesse.

Die Konzerte finden im intimen Rahmen von Wohnzimmerkonzerten statt Musikbegeisterte Magdeburgerinnen und Magdeburger öffnen ihre Gärten und Häuser. Wir laden Sie ein, in einer persönlichen und ungezwungenen Atmosphäre und einem kleinen Publikumskreis den Erzählungen lauschen.

24.-26. September 2021

Das Konzertformat „Liederabend“ ist in den letzten Jahrzehnte leider etwas in den Hintergrund getreten und nur noch vereinzelt in den heutigen Konzertprogrammen zu finden.

Die Entwicklung des Kunstliedes begann bereits am Ende des 16.Jahrhundert. Das Genre entwickelte sich im 19. Jahrhundert zur facettenreichen Kunstform: lyrische Texte verwandelten sich in anspruchsvolle Kompositionen mit subtilen und vielschichtigen Erzählebenen. Die Verdichtung von Sprache und Musik verlangen von den Darbietenden eine hohes Maß an Kunstfertigkeit und Einfühlungsvermögen.

Namhafte Komponisten und Komponistinnen vieler Länder nahmen sich der intimen Kunstform an und hinterließen einen reichen Schatz. Lieder bieten eine breite Palette in Bezug auf Form, Thematik und Inhalte. Allen ist gemeinsam: sie erzählen von Liebe und Freude, von Sehnsucht und Eifersucht, aber auch von Schmerz und Leid.

Das Festival des Liedes, welches in Kooperation mit der Landeshauptstadt Magdeburg, dem Gesellschaftshaus und dem Magdeburger Musikverein stattfindet möchte sich vom 24.-26. September 2021 intensiv mit dem Kunstlied auseinandersetzen. Die Künstler lassen das Publikum dabei hinter die Kulissen schauen. Sie teilen Hintergründe zu den Komponisten, zur Entstehung der Lieder und ihrer Texte.

Die Konzerte spannen sich geographisch über die Stadt auf. Musikbegeisterte Magdeburgerinnen und Magdeburger öffnen ihre Gärten und Häuser. Wir laden Sie ein, in einer persönlichen und ungezwungenen Atmosphäre und einem kleinen Publikumskreis den Erzählungen zu lauschen.